Etwas merkwürdig muten manche Studien schon an. So berichtete die Süddeutsche Zeitung in ihrer Ausgabe vom 11.11.2008 (nein, das war kein Faschingsscherz!) über eine im Fachblatt New England Journal of Medicine publizierte Studie, die alle Menschen – auch scheinbar Gesunde – als behandlungsbedürftig einstuft.
Nun, diesen Trend können wir seit einigen Jahren in der von der Fachwelt propagierten immer weiteren Absenkung der Maximalparameter für Blutdruck und Cholesterin beobachten. In dieser Studie, die in Boston koordiniert und von der Pharmaindustrie bezahlt wurde, untersuchte man 18000 ältere Menschen. Keiner von ihnen hatte einen erhöhten Cholesterinspiegel, keiner einen Herzinfarkt erlitten. Aber die Kandidaten wiesen einen erhöhten CRP-Wert auf. Man teilte die Probanden in eine Statin- und eine Placebogruppe. Und siehe da, die Patienten der Verumgruppe, die ein Statin einnahmen, hatten in den nächsten Jahren nur halb so viele Schlaganfälle und Bypassoperationen, sowie ein 20% geringeres Todesfallrisiko als die Kontrollgruppe.
Während US-Herzspezialisten bereits eine völlige Umstrukturierung ihrer praktischen Tätigkeit heraufdämmern sahen, nehmen deutsche Wissenschaftler das Ergebnis der Studie (Gott sei Dank) gelassener: „Das waren keine pumperlgesunden Menschen“ titulierte Dr. Melchior Seyfarth vom Münchner Herzzentrum das Ergebnis. Da 40% der Probanden ein metabolisches Syndrom aus Hypertonie, Übergewicht und Hyperglycämie in Verbindung mit Hyperlipidämie entwickelt hatten, was auch als tödliches Quartett bezeichnet wird, hätten die Münchner Kardiologen ihnen wohl eine Änderung ihres Lebensstils empfohlen. Recht so. Auch wenn Patienten mit Risikofaktoren vermeintlich gesund seien, wäre das noch kein absoluter Zwang zur Verschreibung eines Medikamentes.