Als im Jahre 2002 der Orthopäde Bruce Moseley aus Houston/Texas im angesehenen New England Journal of Medicine einen Artikel veröffentlichte, sorgte das für massive Irritationen in der Fachwelt und führte auch zu sehr aufgebrachten Empörungsrufen. Was war passiert? Moseley hatte 180 Patienten mit chronischen Kniebeschwerden in 3 Behandlungsgruppen eingeteilt:
- Die erste Gruppe bekam eine Arthroskopie, in der das Gelenk gespült, Unebenheiten geglättet und fragwürdige Anteile entfernt wurden.
- Die zweite Gruppe bekam ausschließlich eine Spülung des Gelenkes.
- Die dritte Gruppe erhielt eine Scheinoperation, denn dort, wo der Arzt normalerweise das Endoskop einführt, wurde lediglich ein Schnitt in die Haut gemacht.
Die Patienten wurden jährlich von Moseley kontrolliert und es zeigte sich, dass es keinerlei Befindlichkeitsunterschiede zwischen den Patienten der 3 Gruppen gab. Im Klartext: den arthroskopierten Patienten ging es nach zwei Jahren nicht besser als denen, die nur eine Scheinoperation erhalten hatten.
Wohlgemerkt, erfasst wurden nicht Patienten, die wegen eines Bandabrisses oder anderer Verletzungen am Kniegelenk arthroskopiert wurden, sondern solche, die wegen unklarer Beschwerden oder leichter arthrotischer Veränderungen eine Arthroskopie erhalten haben.
Nun sind sechs Jahre seit dieser Veröffentlichung vergangen und in der selben Zeitschrift steht jetzt ein weiterer Artikel zum gleichen Thema. Aktuell haben Orthopäden aus Kanada im Rahmen einer Studie bei 192 Patienten mit chronischen Kniebeschwerden an der University of Western Ontario nachgewiesen, dass „die Arthroskopie nicht mehr bringt als Krankengymnastik und Medikamente“ (Dr. Brian Feagan).
Die Patienten wurden hier in zwei Gruppen aufgeteilt:
- die erste Gruppe bekam einen arthroskopischen Eingriff.
- die zweite Gruppe wurde mit Krankengymnastik und Medikamenten behandelt.
Nach zwei Jahren zeigte sich, dass bei den Patienten beider Gruppen, genau wie bei der vorangegangenen Untersuchung von Moseley, keine Unterschiede im Befinden zu verzeichnen waren. Die operierten Patienten berichteten im Rahmen der Selbsteinschätzung ihres Befindens weder von einer signifikanten Verbesserung des Beschwerdebildes noch von einer Verbesserung der Funktion.
Der New Yorker Sportarzt Robert Marx betont, dass es eine Herausforderung ist, zu erkennen, bei welchen Patienten die Arthroskopie etwas bringt und bei welchen nicht. Er meint, dass gerissene Bänder mit der Arthroskopie wieder gerichtet oder auch abgerissene Knorpelstücke, welche das Gelenk blockieren, entfernt werden sollen. Das sei die Domäne dieser Therapieform. Bei Arthrose, Abnutzung und daraus resultierenden Schmerzzuständen sei die Arthroskopie nicht angezeigt.
Eine sehr ähnliche Meinung vertritt der in Sportlerkreisen international renommierte Heilpraktiker Volker Müller aus Bayrischzell. Bereits vor 20 Jahren äußerte er sich dahingehend, dass Innenbandrisse am Kniegelenk bei intakten Binnenstrukturen und Kreuzbändern nicht operiert werden müssen. Diese Einstellung wurde jetzt auch von vielen Ärzten übernommen, denn durch einen Eingriff werden meist Strukturen verletzt, die eigentlich zur Stabilität des Kniegelenkes beitragen.
Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammenhang auch, dass die als minimalinvasiv titulierte Arthroskopie nicht unerhebliche Risiken durch die notwendige Narkose sowie die posttherapeutische Narbenbildung birgt.
Bei aller Kritik an den minimalinvasiven arthroskopischen Behandlungsmaßnahmen soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass „es ein Segen ist, schwer schmerzhafte, hochgradig arthrotische Kniegelenke mittels Totalendoprothese (TEP) operativ versorgen und damit die Lebensqualität des Patienten wesentlich verbessern kann“ sagt Volker Müller in seinem Buch Alternative Therapiekonzepte in der Sportmedizin.
Also ist bei arthrotischen, alters- oder abnutzungsbedingten Beschwerden des Kniegelenks insbesondere der manuell arbeitende Heilpraktiker gefragt. Und für diesen gibt es im Kollegenbereich eine Reihe hocheffizienter Behandlungsmöglichkeiten.