Diesmal geht es um den Süßstoff Aspartam. Dieser ist ja seit seiner Markteinführung vor 53 Jahren in Wissenschaft und Bevölkerung umstritten. Die letzte Bewertung stammte vom Ramazzini Institut in Bologna und besagte, dass Versuchstiere bei einer lebenslangen Exposition mit Aspartam Leukämien und Lymphome entwickelt hätten.
Die International Agency for Research on Cancer (IARC) hat den Süßstoff als möglicherweise krebserregend eingestuft. Die Experten hatten Studien zu bewerten, die den Verzehr künstlich gesüßter Getränke mit einer erhöhten Rate an hepatozellulären Carcinomen in Verbindung brachten. Die Ergebnisse der Expertenauswertung stuften die Studien aus epidemiologischer, tierexperimenteller und zellulärer Sicht als begrenzt ein und entschloss sich zu einer Einstufung von Aspartam als mögliches Karzinogen der Gruppe 2B. Das ist die zweitniedrigste Einstufung. Zur Information: die Gruppe 1 enthält für den Menschen sicher karzinogene Substanzen, zu denen übrigens auch alkoholische Getränke und Abgase aus Dieselmotoren zählen. Die Gruppe 2A stuft zum Beispiel sehr heiße Getränke, den Verzehr von rotem Fleisch und 90 andere Stoffgruppen als wahrscheinlich karzinogen ein. Die Gruppe 3 enthält Substanzen, die wahrscheinlich nicht krebsfördernd beim Menschen sind.
Die Einstufungen der IARC können sich übrigens ändern. Der Kaffeekonsum wurde im Jahr 1990 als möglicherweise krebserregend (Gruppe 2B) bewertet. Im Jahr 2016 erfolgte aufgrund neuerer Erkenntnisse eine Rückstufung in die Gruppe 3. Dieselabgase wurden 1988 als Gruppe 2A-Karzinogen eingestuft. Seit 2012 gelten sie als eindeutige Krebsgefahr (Gruppe 1).
Ungewöhnlich an der Bewertung von Aspartam ist, dass gleichzeitig zur Gefahreneinstufung vom IARC eine Risikobewertung vom Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Additives (JECFA) erfolgte. Sie beruht ebenfalls auf einem Expertentreffen, das vom 26. Juni bis 6. Juli diesen Jahres in Genf stattfand.
Nach Einschätzung der FAO/WHO-Experten gibt es (wie übrigens auch seitens der FDA) keine überzeugenden Beweise aus tierexperimentellen oder menschlichen Daten dafür, dass Aspartam nach der Einnahme schädliche Auswirkungen hat.
Die Experten halten es hier für unwahrscheinlich, dass Aspartam krebserregend sei, weil es im Magen Darm Trakt vollständig zu Phenylalanin, Asparaginsäure und Methanol hydrolysiert wird.
Hoppla, da war doch was?! Ist denn Methanol nicht krebserregend, wenn denn schon Ethanol als karzinogen eingestuft wird?
Die Experten sind sich also wieder mal sehr uneins. Wahrscheinlich werden die neuen Studien auch keine Auswirkungen auf den Verzehr von Aspartam haben. Stefan Kabisch vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung formuliert das so:“ Diabetes-Patienten sollten aufgrund der Ergebnisse keinesfalls auf Süßstoffe verzichten und dafür mehr Zucker konsumieren. Für Zucker sei klarer belegt, dass er neben Karies auch Adipositas und Typ-2-Diabetes fördert und somit auch zum Krebsrisiko beiträgt“.
Quellen: Lancet Oncology 2023, deutsches Ärzteblatt